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War Ludwig van Beethoven schwarz?

Ludwig van Beethoven von Joseph Karl Stieler, Öl auf Leinwand,1820, Beethoven-Haus in Bonn

Der beliebte Schlagersänger Roberto Blanco behauptet, dass Ludwig van Beethoven dunkle Hautfarbe hatte und löst damit eine breite Debatte aus. Was ist dran an dieser Hypothese? Klare Antwort: Leider nichts. So schön es für viele auch wäre und so gut es auch in den Zeitgeist passen würde: Beethoven war nicht schwarz.

Doch woher kommen diese Vermutungen und warum spielt das überhaupt eine Rolle?

Hatte Beethoven afrikanische Vorfahren?

Ich wette, dass Beethoven mir ähnlicher gesehen hat, als man glaubt. Seine Überreste sollten untersucht werden.

Roberto Blanco zu „Bild“
Roberto Blanco (Foto: www.roberto-blanco.com, Jan Roeder)
Roberto Blanco (Foto: www.roberto-blanco.com, Jan Roeder)

Die Vermutung, dass Beethoven dunkle Hautfarbe hatte, ist nicht neu. Schon bevor Roberto Blanco diese Hypothese in den Boulevard trug, wurde sie heiß in den sozialen Medien unter dem Hashtag #BeethovenWasBlack diskutiert. Dort kreisen die verschiedensten Theorien. Die wahrscheinlichste Erklärung für Beethovens vermeintlich dunkle Hautfarbe ist, dass Beethoven von einer maurischen Minderheit in der spanischen Niederlande abstamme. Wissenschaftliche Beweise? Fehlanzeige. Da ist sich die Forschung einig. Außer ein Zeitgenosse, der Beethovens Aussehen als „maurisch“ oder „spanisch“ beschrieben haben soll, ist hier wenig Material vorhanden.

Das Ende der weißen Deutungshoheit?

Ludwig van Beethoven, Willibrod Joseph Mähler, Öl auf Leinwand, 1815, Historisches Museum Wien
Ludwig van Beethoven von Willibrod Joseph Mähler, Öl auf Leinwand, 1815, Historisches Museum Wien

Ich gebe zu, die Geschichte hört sich schon verlockend an. Ein genialer Musiker, vielleicht der genialste in der europäischen Musikgeschichte überhaupt, war in echt dunkelhäutig. Das würde vielleicht, wie sich viele wünschen, ein Ende des kulturellen Eurozentrismus befeuern und quasi den Beginn eines neuen kulturellen Zeitalters einläuten.

Der österreichische Schauspieler und Musiker Tyron Ricketts wähnt für diesen Fall sogar „einen weiteren Schritt in Richtung Ende der weißen Deutungshoheit“.

Wenn sich herausstellt, dass Beethoven tatsächlich schwarz gewesen ist, würde das dem eurozentrischen Blick auf Kultur und Geschichte einen gehörigen Knick in der Optik bescheren.

Österreichischer Schauspieler und Musiker Tyron Ricketts
Der dreizehnjährige Ludwig van Beethoven
Der dreizehnjährige Ludwig van Beethoven, unbekannter Künstler, Öl auf Leinwand, entstanden etwa um 1783

Tyron Ricketts hat vollkommen Recht. Doch wie wahrscheinlich ist dieses Szenario? Die im modernen Sinne rassistischen Zeitgenossen Beethovens und deren Nachfahren müssten seine afrikanische Herkunft nicht akzeptiert haben und ihn deswegen konsequent weiß dargestellt und beschrieben haben. Auf Bildern müssten sie ihn systematisch heller dargestellt haben, als er tatsächlich war. Oder hat er sich vor öffentlichen Auftritten tatsächlich so stark gepudert, dass seine wahre Gesichtsfarbe kaschiert wurde und es fiel einfach nicht auf? Wie ist dann zum Beispiel das blasse, rotbäckige Bild des dreizehnjährigen Beethoven zu erklären (siehe links).

Wurden dann im Nachgang alle Beweise, sei es aus Briefen oder anderen Dokumenten, vernichtet? Handelte es sich etwa um kollektiven Gedächtnisschwund oder eine altwienerische Form kultureller Aneignung?

Lasst Beethoven ruhen und genießt Musik!

Machen wir uns nichts vor. Die Tatsache, dass es keine Nachweise gibt, liegt daran, dass es eben keine Grundlage gibt. So schön es auch wäre und so gut es auch passen würde: Die Geschichte ist schlicht und ergreifend nicht wahr.

Vermutlich wird sie trotz allem immer wieder ausgegraben werden – aus welchen Motiven auch immer. Den Pegida-Freunden von Rechtsaußen um Lutz Bachmann kommt diese Debatte gerade Recht. Sie fühlen sich schon zur „Ankündigung von Beethoven-Verteidigungsmaßnahmen“ berufen, wie die „Welt“ berichtet.

Außer diesen hilft diese Debatte im Übrigen auch niemanden – am wenigsten den zahlreichen genialen schwarzen Musikern, die unser Leben so bereichern. Um den Rang schwarzer Musik ist mir jedenfalls auch ohne einen herbeifantasierten „schwarzen Beethoven“ nicht bange.

Vielleicht sollten wir solche seltsam anmutenden Gedankenspiele, welche immer wieder Äußeres in den Vordergrund drängen, hinter uns lassen und einfach gute Musik hören.

Ich jedenfalls setze jetzt meine Kopfhörer auf und genieße: Spirituals, Gospel, Blues, Jazz, Bridgetower und Co. Womit fange ich nur an?

In diesem Sinne ¡hasta la vista, CulturaLista!

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