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Dokumentarfilm über Anton Bruckner – „Das verkannte Genie“

Der Regisseurs Reiner E. Moritz begibt sich in der Dokumentation „Anton Bruckner – das verkannte Genie“ auf die Fährte des Lebens und Wirkens des spätromantischen österreichischen Komponisten Anton Bruckner. Dabei gelingt ihm und seinem Team in 96 kurzweiligen Minuten eine gut gemachte biographische Dokumentation. Für Bruckner-Fans ohnehin eine „Pflichtveranstaltung“ bietet sie für Bruckner-Neulinge einen sanften Einstieg, der Lust auf mehr macht.

Anton Bruckner – keine einfache Biographie

Es gibt kaum eine literarische Gattung, die aus schriftstellerischer Sicht ähnlich riskant ist wie die Biographie. Bei deren Erarbeitung muss man nämlich wie ein Archäologe vorgehen, der zunächst grob mit Schaufel, Hammer und Pickel die schweren Altablagerungen entfernt um erst dann behutsam mit feinsten Instrumenten wie Spitzkelle, Spatel und Pinsel Schicht für Schicht abzutragen und so alte Geschichten zu Tage zu befördern.

Dem Regisseur Reiner E. Moritz ist mit seiner in diesem Jahr erschienen Filmdokumentation „Anton Bruckner – das verkannte Genie“ ein respektabler Versuch gelungen. Und das ausgerechnet mit dem doch sehr speziellen Fall „Anton Bruckner“, dessen Leben und Rezeptionsgeschichte ja bekanntlich an biographischen Altablagerungen und Sprengfallen nicht arm ist.

Vom Anfang bis zum Ende – quer durch Bruckners Leben

Der an sich chronologisch aufgebaute Film beginnt in St. Florian, einem frühen Zentrum Brucknerschen Schaffens, Geburt vieler seiner Werke und letzter Ruheort. Dies hat den narrativen Vorteil, wie der Regisseur meint „schneller zu ein bisschen Musik zu kommen“. Anschließend springt der Film zurück in die Kindheit Bruckners im kleinen oberösterreichischen Örtchen Ansfelden, hieran zu den ersten Dienststellen des Lehrers Bruckner in Windhaag und Kronstorf. Auffallend viel Zeit nutzt der Film also für die frühen Jahre des Musikers, dem ja erst in sehr späten Lebensjahren der große Durchbruch gelang. Aber wie der Meister selbst sagte:

Wer hohe Türme bauen will, muss lange beim Fundament verweilen.

Anton Bruckner

Danach wird Bruckners Werdegang von St. Florian über Linz bis nach Wien dargestellt, wo Bruckner endlich der große Durchbruch als Komponist gelang. Dabei kommen die Star-Dirigenten Valery Gergiev und Kent Nagano ausführlich zu Wort. Die schwärmerischen Ausführungen Gergievs sind Balsam auf die leider oft sehr geschundene Bruckner-Fan-Seele:

Sein ganzes Komponieren war Dienst an Gott.

Valery Gergiev über Anton Bruckner

Die doch ziemlich trockenen Anmerkungen von Nagano bringen nicht nur wichtige musikalische und kompositorische Erkenntnisse, sondern bereichern mit einer wohltuenden Sachlichkeit.

Keine vordefinierte Zeit. Sich ausdehnende Räume. Das ist Bruckner für mich.

Kent Nagano über Anton Bruckner

Dieser Kontrapunkt zieht sich durch den ganzen Film: Man spürt regelrecht ein grundsätzliches Wohlwollen gegenüber dem Protagonisten und den Willen Vorurteile über Bruckners künstlerischem Schaffen auszuräumen. Gleichzeitig sind die Macher stets bemüht Sachlichkeit mit der notwendigen Klarheit walten zu lassen.

Eigentlich kein verkanntes Genie

Einzig der Titel „Das verkannte Genie“ passt nicht so Recht zum Inhalt der Dokumentation. Schließlich kann basierend auf der Zahl der Konzerte und der Einspielungen Brucknerscher Werke heute eigentlich keine Rede davon sein, dass er „verkannt“ wäre. Immerhin wird Bruckner aller Orten rauf und runter gespielt. Außerdem lässt der Filmtitel außer Acht, dass die hart geführten Debatten und „Skandale“ um Bruckner insbesondere auf dem Wiener Schlachtfeld Teil des damals sehr streitfreudigen Zeitgeistes waren. Von Wagner-Konzerten sind ja ähnliche und sogar noch krassere Geschichten überliefert. Gerade dieses Klischee des „verkannten Genies“ wird in dem Film eigentlich mit Hammer und Pickel ausgeräumt.

Der Titel ist wohl etwas reißerisch gewählt und läuft daher unter falschen Umständen Gefahr zu Fehlinterpretationen einzuladen, doch der Inhalt ist überzeugend. Und „Klappern gehört ja schließlich auch zum Geschäft“, wie man so schön sagt.

Ein Kinobesuch lohnt sich allemal – nicht zuletzt dank des großartig gemischten Bruckner-Soundtracks, eingespielt unter Valery Gergiev.

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Literatur und Empfehlungen

  • Film von Reiner E. Moritz: Anton Bruckner – das verkannte Genie, Deutschland 2019, Länge: 96 Minuten, Bildformat: 16:9
  • Constantin Floros: Anton Bruckner – Persönlichkeit und Werk, 2. Auflage, CEP Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2012 — Das Buch für den Einstieg in die Persönlichkeit und das Werk Bruckners.
  • Hans-Joachim Hinrichsen: Bruckners Sinfonien – Ein musikalischer Werkführer, 1. Auflage, Verlag C.H. Beck, München 2016 — Schwerpunkt sind Bruckners Sinfonien. Auf jeden Fall lesenswert!
  • Hans-Joachim Hinrichsen (Hg.): Bruckner Handbuch, 1. Auflage, Springer-Verlag, Deutschland 2010 — Das Standardwerk über Anton Bruckner für alle Experten und die, die es werden wollen.
  • Hans Commenda: „Geschichten um Anton Bruckner“, Verlag H. Muck, ca. 1950 — Anekdoten und Unterhaltsames über Anton Bruckner.

1 Kommentar zu „Dokumentarfilm über Anton Bruckner – „Das verkannte Genie““

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